Reflect & Innovate

Weitere Methoden

Ein Innovationsscout, der für die Identifikation und Bewertung neuer Trends, Technologien oder Geschäftsmodelle verantwortlich ist, steht regelmäßig vor der Herausforderung, die effektivsten Methoden zur Problemlösung und Entscheidungsfindung auszuwählen. Kritisches Denken, also die Fähigkeit, Informationen systematisch zu analysieren, zu bewerten und zu hinterfragen, spielt dabei eine zentrale Rolle. Es ermöglicht dem Scout, über den Tellerrand hinaus zu blicken, Annahmen zu hinterfragen und fundierte Entscheidungen zu treffen.

Allerdings ist kritisches Denken nicht immer die alleinige oder umfassendste Methode, um innovative Lösungen zu entwickeln oder komplexe Probleme zu lösen (siehe Kritik). In der Praxis der Innovation ist es oft nur ein Baustein in einem breiteren Spektrum an erforderlichen Fähigkeiten und Ansätzen. Innovation erfordert neben der kritischen Analyse auch Kreativität, die Fähigkeit, Muster zu erkennen, und die Offenheit, neue Wege zu beschreiten. Es geht nicht nur darum, bestehende Ideen zu hinterfragen, sondern auch darum, gänzlich neue Lösungen zu erschaffen.

Eine Kritik am ausschließlichen Fokus auf kritisches Denken in der Innovation liegt darin, dass es potenziell die Kreativität und den Ideenfluss einschränken kann. Während kritisches Denken dazu dient, Ideen zu prüfen und zu verfeinern, könnte eine Überbetonung dieser Phase im kreativen Prozess dazu führen, dass radikale oder unkonventionelle Ideen zu früh verworfen werden. Daher ist es wichtig, ein Gleichgewicht zwischen kritischer Analyse und kreativer Freiheit zu finden.

Innovationsscouts müssen daher abwägen, in welcher Phase eines Projekts kritisches Denken am wertvollsten ist, und erkennen, wann es angebracht ist, andere Methoden wie Brainstorming, Design Thinking oder explorative Forschung stärker in den Vordergrund zu rücken. Die Kombination dieser Ansätze ermöglicht es, sowohl die Tiefe als auch die Breite des kreativen und analytischen Denkens optimal zu nutzen. In diesem Sinne ist kritisches Denken ein wesentlicher, aber nicht isolierter Bestandteil des Innovationsprozesses, der durch andere Denkweisen und Methoden ergänzt werden muss, um ganzheitliche und bahnbrechende Lösungen zu fördern.

Für die Ideenfindung und Teamarbeit wollen wir neben vielen möglichen Methoden, einige weitere erwähnenswerte Methoden kurz umreißen:

5 Schritte zur Lösungsfindung

Angelehnt an die Gordon-Methode zur Kommunikation in Konfliktsituationen (Gordon, 2011) ist die beschriebene Methode ein abgewandelter, strukturierter Ansatz zur Problemlösung, der darauf abzielt, durch systematische Schritte zu effektiven Ergebnissen zu kommen. Dieser Ansatz kann in Organisationen oder Teams angewendet werden als auch zur individuellen Vorbereitung und Problemlösung genutzt werden, um kreative und praktikable Lösungen zu generieren und umzusetzen.

Schritt 1: Problemfokussierung und -beschreibung 

Der erste Schritt konzentriert sich vollständig auf das Verständnis des Problems. Hier wird das Problem nicht nur benannt, sondern in allen Details beschrieben, um ein umfassendes Verständnis zu gewährleisten. Eine kreative Technik, die hierbei hilft, ist das Erstellen einer „Schlagzeile“ oder eines „Filmtitels“, welche das Problem griffig zusammenfasst. Diese Metapher kann später die Kommunikation über das Problem vereinfachen und sorgt für eine prägnante Erinnerung an das Kernproblem. Zur konkreten Beschreibung des Problems ist die Methode der 6W hilfreich. Sie wird im folgenden Abschnitt erläutert.

Schritt 2: Ideenfindung ohne Begrenzungen 

Im zweiten Schritt werden alle möglichen Lösungen gesammelt. Es gibt keine Einschränkungen hinsichtlich der Ideenvielfalt. Die Phase der Ideensammlung ist von Kreativität geprägt und zielt darauf ab, das Spektrum der Möglichkeiten vollständig auszuschöpfen, ohne die Lösungen zu diesem Zeitpunkt zu bewerten. In diesem Schritt kann Brainstorming im Team als Methode angewandt werden. Diese wird folgenden noch beschrieben.

Schritt 3: Bewertung der Lösungen 

Nachdem eine Vielzahl von Lösungsansätzen gesammelt wurde, folgt die Bewertung. Hierbei kommen verschiedene Bewertungsmethoden zum Einsatz, beispielsweise die Individualskalierung (Punktevergabe von 1 bis 5 Punkte), bei der jeder Teilnehmer die Lösungen nach bestimmten Kriterien bewertet, oder die Punkteabfrage im Team, bei der gemeinsam über die vorgeschlagenen Lösungen abgestimmt wird. In der Wahl der Bewertungsmethode und der Bewertungskriterien ist die anwendende Person frei.

Schritt 4: Erstellung eines Maßnahmenplans 

Aus den bewerteten Lösungen wird die passende ausgewählt und ein detaillierter Maßnahmenplan erstellt. Dieser Plan umfasst die notwendigen Schritte zur Umsetzung der gewählten Lösung und stellt sicher, dass die Maßnahmen klar definiert sind. Bei der Beschreibung bietet es sich an, ein weiteres Mal auf die Methode der 6W zurückzugreifen.

Schritt 5: Verantwortlichkeiten und Fristen 

Um die Verbindlichkeit des Maßnahmenplans zu erhöhen, wird im letzten Schritt festgelegt, wer für welche Aufgaben verantwortlich ist und bis wann die Maßnahmen umgesetzt sein sollen. Durch die Zuweisung konkreter Verantwortlichkeiten und die Festlegung von Fristen wird die Umsetzung strukturiert und nachhaltig sichergestellt.

Dieser Prozess fördert kollaborative Problemlösung, indem er alle Beteiligten in die Lösungsfindung einbezieht und durch klar definierte Schritte zur Verantwortungsübernahme und Handlungsfähigkeit anleitet.

Zum Üben findest Du hier ein 

Arbeitsblatt zu den 5 Schritten zur Lösungsfindung

Situationsbeschreibung anhand der 6-W-Methode

Rustler (2017) beschreibt zur Situationsanalyse in der diagnostischen Phase der Problemlösung, eine Situation oder ein Problem mittels der 6-W-Fragen einzugrenzen. Die Schlüsselfragen werden hier aufgelistet, diese können selektiv beantwortet werden:

Wer:

  • Wer ist von der Situation betroffen?
  • Wer ist beteiligt?
  • Wer hat welche Risiken?
  • Wer ist negativ, wer positiv beeinflusst?
 

Was:

  • Was kann über das Problem berichtet werden?
  • Was weiß ich darüber?
  • Was weiß ich nicht?
  • Was ist öffentliches und was geheimes Wissen zur Situation?
  • Was ist bisher passiert?
  • Was wurde bereits zur Problemlösung versucht?
  • Was hat funktioniert? Was hat nicht funktioniert?
  • Würde das Problem gelöst werden, wie sähe das ideale Ergebnis aus?
 

Wann:

  • Wann begann das Problem?
  • Wie lange dauerte es an?
  • Gibt es einen besonderen Zeitrahmen, in dem das Problem stattgefunden hat?
  • Wann muss eine Lösung gefunden sein?
 

Wo:

  • Wo findet das Problem statt?
  • In welcher Umgebung findet das Problem statt?
  • Welches sind die Rahmenbedingungen?
  • Gibt es ähnliche Situationen? Wie sind sie ähnlich zur Problemsituation?
 

Warum:

  • Warum ist das Problem wichtig?
  • Warum ist eine Lösung wichtig?
  • Warum tritt das Problem auf?
  • Warum ist das Problem nicht “einfach” lösbar?
 

Wie:

  • Wie könnte aus dem Problem eine Chance entstehen?
  • Wie fühlt sich das Problem an?
  • Welches Gefühl verbinde ich mit einer Lösung des Problems?

Hier stellen wir ein 

Arbeitsblatt zur 6-W-Methode bereit. 

Brainstorming

Das Brainstorming ist eine der beliebtesten und weit verbreiteten Methoden zur Förderung kreativer Ideenfindung in Gruppen. Die Methode ist besonders wirksam, um eine Vielzahl an Lösungen für ein spezifisches Problem zu entwickeln oder um neue Ideen für Projekte oder Produkte zu sammeln.

Beim Anwender der Methode ist folgendes zu beachten (Rustler, 2017):

Der Rahmen und die Vorbereitung beim Brainstorming sind essenziell. Das zu lösende Problem oder die zu beantwortende Frage wird klar und präzise definiert. Eine Gruppe von Personen mit unterschiedlichen Hintergründen und Fähigkeiten wird zusammengestellt, um vielfältige Perspektiven zu gewährleisten. Regeln werden aufgestellt, wie z.B. keine Kritik an Ideen während der Brainstorming-Phase, um eine freie und offene Kommunikation zu fördern.

Zur Durchführung sei zu beachten:

Teilnehmer*innen werden ermutigt, frei und ohne Selbstzensur Ideen zu äußern. Alle Vorschläge werden aufgezeichnet, oft sichtbar für alle, zum Beispiel auf einem Whiteboard, auf Metaplan-Karten oder Flipchart. Teilnehmer*innen werden ermutigt, auf den Ideen anderer aufzubauen, sie weiterzuentwickeln oder zu kombinieren. Die Betonung liegt auf der Menge der Ideen. Je mehr Vorschläge gesammelt werden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich darunter brauchbare Ansätze befinden. Das Brainstorming findet oft in einer festgelegten, begrenzten Zeit statt, um den Fokus und die Energie hochzuhalten.

Nach der Kreativität folgt die Bewertung:

Nach dem Brainstorming folgt die Bewertung der Ideen. Oft werden die Vorschläge gruppiert, weiter ausgearbeitet und auf ihre Umsetzbarkeit hin überprüft. Die besten Ideen werden ausgewählt und weiterverfolgt. Hierbei können Kriterien wie Machbarkeit, Kosten, Zeit und Passung zum Ziel der Brainstorming-Sitzung berücksichtigt werden. Für die ausgewählten Ideen wird ein Plan zur weiteren Exploration oder Implementierung entwickelt.

Brainstorming kann in verschiedenen Formaten stattfinden, beispielsweise als persönliches Treffen, als Online-Sitzung oder sogar als asynchroner Prozess über eine längere Zeitspanne. Wichtig ist, dass die Umgebung und Atmosphäre kreatives Denken begünstigen und die Teilnehmer*innen ermutigen, frei und kreativ zu denken.

Die 6 Denkhüte von De Bono

Diese Methode hat das Ziel, die kreative Problemlösung zu erleichtern. Dabei beschreibt jeder Hut eine zu vertretende Denkweise. Entweder in einem Team, sodass jedes Teammitglied einen Hut, also eine Perspektive, trägt, oder allein, sodass selbst dauerhafte Perspektivwechsel durchzuführen sind, ist diese Methode daher anwendbar. Die einzunehmenden Positionen sind folgende:

1. Objektivität:

Betrachtung ohne Wertung, um eine neutrale Perspektive und Betrachtung zu gewährleisten. Außerdem ist die Aufgabe hier das Sammeln aller Informationen ohne eigenes Abwägen. In der Praxis wird diese Rolle auch als Weißer Hut bezeichnet.

2. Subjektivität:

Äußerung von emotionalen Standpunkten, damit Empfinden berücksichtigt wird. Was sind erste oder instinktive Reaktionen? Diese starke irrationale Wahrnehmung dient zum Einschätzen der möglichen Reaktionen bei späterer Ideenverbreitung. Farblich wird diese Perspektive Roter Hut genannt.

3. Pessimismus:

Identifizierung der aktuellen Nachteile. Hier ist zu berücksichtigen, dass die negativen Argumente nicht subjektiv, sondern objektiv sind. Subjektiv-pessimistische Argumente sind Aufgabe des Roten Huts. Dies soll die Analyse von Gefahren, zu lösenden Teilprobleme oder Konsequenzen erleichtern. Es handelt sich um den sogenannten Schwarzen Hut.

4. Optimismus:

Identifizierung der Vorteile des aktuellen Systems. Auch hier sind nicht die subjektiven Vorteile gemeint. Diese Rolle vertritt Stärken und Chancen der aktuellen oder zukünftigen Situation. So werden positive Aspekte einer Idee leicht sichtbar und gesammelt. Dies ist der Gelbe Hut.

5. Kreativität:

Finden neuer Ideen oder Ansätze. Dies ist die Rolle der Vorschläge. Es geht darum, viele uneingeschränkte Startpunkte zu liefern. Die Person ist nicht für Kritik zuständig und sollte sich dazu keine Gedanken machen, um maximale Kreativität zu ermöglichen. Die Wertung der Ideen soll durch die anderen Rollen geschehen und keine weiteren Ideen beeinflussen. Die Person bekommt den Grünen Hut.

6. Autorität:

Steuerung und Mediation des Prozesses. Diese Rolle führt die oben genannten Perspektiven strukturiert zusammen in einen Prozess strategischer Entscheidungsfindung. Die Aufgabe liegt vor allem darin, höchstmögliche Klarheit aufrecht zu erhalten. Die Bezeichnung hierfür ist der Blaue Hut.

Dabei suchen die Nutzer nicht unbedingt nur nach einer besten Lösung oder Idee, sondern können auch mehrere verschiedene Lösungen hervorbringen und sammeln.

Die klare Aufgabenteilung sorgt für eine vergleichbar hohe Effektivität des kreativen Herangehens (De Bono, 2017, Schawel & Billing, 2018). Es handelt sich um eine Form des strukturierten Zusammentragens von Ideen und der entsprechenden Bewertung dieser.

Zur Vertiefung dieses Themas empfehlen wir die Literatur der angegebenen Quellen. Ausführliche Quellenangaben finden sich auf der Seite Materialien und Literatur“.

 
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