Leadership & Coaching

Agile Leadership (Agile Führung)

Agile Führung ist ein Ansatz des Managements beziehungsweise der Führung, der sich an den Prinzipien und Praktiken des interaktiven agilen Projektmanagements orientiert. Agile Führungskräfte fördern eine flexible, adaptive und kollaborative Arbeitsumgebung, die auf kontinuierliche Verbesserung und schnelle Reaktion auf Veränderungen abzielt. Dabei legen sie besonderen Wert auf Eigenverantwortung und Selbstorganisation der Teams. Ein zentraler Bestandteil der agilen Führung ist das Self-Leadership, das die Fähigkeit zur Selbstführung und -motivation umfasst. Es wird ein hoher Wert auf die Eigenverantwortlichkeit und -organisation der einzelnen Person oder des entsprechenden Teams gelegt (Sieroux et al., 2020).

Eine Führungskraft, die agil führen möchte, hat die Aufgabe, zu bestem Teamwork zu führen. Dafür fordert sie gegenseitige Unterstützung, Hilfestellung und Absprache. Strikte Aufteilungen oder Abläufe führen zu langen Umsetzungszeiten von Aufgaben (Bennis & Nanus, 1985). Daher steht die Führungskraft vor Herausforderungen:


mehr

Delegierte Aufgaben tragen eine klare Zuordnung der Verantwortung mit sich. Die Person erfragt womöglich Auskunft oder Hilfe bei spezifischen Personen, doch die Bearbeitung liegt klar in einer Hand. So wird die Aufgabe sequentiell von jeweiligen Zuständigen bearbeitet, abgegeben, weitergereicht und es kommt zu langen konsekutiven aufwendigen Prozessen (Sieroux et al., 2020). Eine Dokumentation der Kommunikation und der Arbeitsschritte ist hier wichtiger, um den Überblick zu bewahren.

Wenn die Führungskraft Zusammenarbeit von vornherein initiieren möchte, muss die Verantwortung also geteilt werden. Nachteil hier: Es besteht ein sogenanntes Trittbrettfahrerproblem (Ostrom, 1990) und niemand fühlt sich konkret für das Voranschreiten der Bearbeitung verantwortlich. Die Führungskraft muss selbst in die Teamarbeit blicken und einen Bearbeitungsdruck schaffen (Sieroux et al., 2020).

Führung zur Agilität durch Motivation, Begeisterung und Mediation ist die Lösung. Die Mitarbeitenden sollen selbst das Interesse am Voranschreiten des Projekts entwickeln (Sieroux et al., 2020). Das hört sich leicht an, verändert jedoch die Aufgaben der Führungskraft selbst. Dafür ist sich der Unterschied zwischen den Begriffen Management und Führung bewusst zu machen.


weniger

Motivieren – Management vs. Führung

Management ist wörtlich im Deutschen etwa Steuerung. Hier lässt sich der Unterschied schon ablesen. Ein*e Führer*in leitet durch Motivation und Begeisterung und dient als Vorbildfunktion. Ein*e Manager*in wiederum steuert die Abläufe, gibt Anweisungen und trifft Entscheidungen. Diese Begriffe beschreiben in dieser Überlegung zwei einander ganz fremde Rollen (Oestereich & Schröder, 2017).


mehr

Bennis und Nanus (1985) machten einen ähnlichen Unterschied fest: “Durch die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf eine Vision arbeitet die Führungskraft an den operativen und spirituellen Ressourcen der Organisation, an ihren Werten, ihrem Engagement und ihren Zielen. Der Manager hingegen arbeitet mit den physischen Ressourcen der Organisation, mit ihrem Kapital, ihren menschlichen Fähigkeiten, ihren Rohstoffen und ihrer Technologie” (Bennis & Nanus, 1985, p.92).

Wichtig ist hier, festzustellen, dass beide Rollen eine Daseinsberechtigung haben. Management sollte stattfinden, um die Produktivität zu sichern, Führung sollte stattfinden, um zur Arbeit zu inspirieren und dieser einen persönlichen Wert zu geben (Bennis & Nanus, 1985). Management nutzt extrinsische Motivation, Führung intrinsische Motivation; beides ist gefragt.


weniger

https://startuptied.uol.de/wp-content/uploads/2024/07/e3_agile_fuehrung.mp4

In der Reflexion darüber, welches Verhalten Du in Deiner Führungsarbeit zeigst oder zeigen willst – solltest Du führen oder eine Führungsrolle anstreben – kannst Du definieren ob Du eher führst oder managst.

Exkurs: Führungsstile

Die häufig gelehrten Führungsstile sind:

Führungsstile nach Lewin: Der autokratische, Führungsstil zeichnet sich durch die volle Entscheidungsmacht durch die Führungskraft aus. Ähnliche Formen bilden noch der autoritäre oder patriarchische Führungsstil. Entscheidungen zu Arbeitseinteilung, Arbeitsdurchführung und Zusammenarbeit werden mitgeteilt. Feedback gibt es nach Wahrnehmung und muss nicht begründet werden. Die Führungskraft selbst übernimmt oder beteiligt sich nicht an der Arbeit (Lewin, Lippitt & White, 1938).


mehr

Im Gegensatz dazu hat Lewin (1938) den demokratischen Führungsstil analysiert. Auch noch bekannt unter dem Begriff der kooperativen Führung. Hier übernimmt die Führungskraft eine zurückhaltendere Rolle. Richtlinien, Arbeitseinteilung, Zusammenarbeit und Arbeitsvorgehen wird vom Team diskutiert und entschieden. Die Führungskraft ist sachlich und unterstützt bei der Entscheidungsfindung durch Vorschläge und Mediation, sowie teils bei der Arbeit.

Zuletzt gibt es noch den Laissez-faire-Führungsstil. Abgeleitet aus dem Französischen, frei übersetzt, “machen lassen”. Die Führungskraft beteiligt sich nicht, weder bei Entscheidungen noch der Arbeit. Sie gibt Informationen oder Feedback nur auf Nachfrage (Lewin, Lippitt & White, 1938).

Führungskontinuum: Das Führungskontinuum von Tannenbaum und Schmidt (1958) baut auf dem autokratischen und demokratischen Führungsstil von Lewin auf. Der Unterschied hier: Je nach Situation wählt die Führungskraft, wie stark sie Entscheidungen vorgibt oder das Team mit einbezieht. Wenn die Mitarbeitenden Unabhängigkeit und Verantwortung wüschen und das benötigte Können dazu haben, als auch Interesse an dem Thema zeigen, kann die Führungskraft die Freiheit überlassen (Tannenbaum & Schmidt, 1958). Eine Grafik beschreibt dieses Kontinuum zwischen Freiheit der Führungskraft und Freiheit der Mitarbeitenden sehr gut:

Führungskontinuum von Tannenbaum und Schmidt (1958)

 

Situatives Führen: Diese Führungsstil-Theorie besagt, dass der richtige Führungsstil von der Bereitschaft der Geführten abhängt. Denn der Erfolg des Führungsstils wird in der Leistung der Geführten gemessen. Es gibt demnach vier Stufen der Bereitschaft der Geführten, auch noch Reifegrad genannt:

1. Stufe: nicht fähig aber bereit, Verantwortung zu übernehmen.

2. Stufe: wenig fähig und nicht bereit, Verantwortung zu übernehmen.

3. Stufe: recht fähig aber nicht bereit, Verantwortung zu übernehmen.

4. Stufe: fähig und bereit, Verantwortung zu übernehmen.

Hersey und Blanchard (1993) nennen die Werkzeuge der Führungskraft telling (dirigieren), selling (überzeugen), participating (partizipieren) und delegating (delegieren). Welches Werkzeug gewählt wird, entscheiden die Faktoren „Anweisendes Verhalten“ und „Unterstützendes Verhalten“:

Führungsstile nach Hersey und Blanchard (1993)


weniger

https://startuptied.uol.de/wp-content/uploads/2024/07/e3_fuehrungsstile.mp4

Die agile Führung ist ein sehr anpassender möglichst aber sehr freier Führungsstil, der auch diese Führungsstile einbezieht und die Mitarbeitenden motivieren und bestärken soll.

Zum Einordnen von Führungsstilen gibt es hier ein Arbeitsblatt.

Selbst-Leadership

Wer sich dafür entscheidet, agil zu führen, anstatt zu managen, übernimmt eine Vorreiterrolle und leitet Mitarbeitende durch Begeisterung und Motivation zur Selbstorganisation. Dies erfordert Authentizität. Es empfiehlt sich, dass die Führungskraft zunächst ihre eigene intrinsische Motivation findet oder erkennt. Starkes Selbst-Leadership benötigt Selbstbewusstsein, Selbstdisziplin, Selbstmotivation und persönliche Verantwortungsübernahme. Agile Führungskräfte setzen sich klare Ziele, planen ihre Entwicklung und bleiben auch in herausfordernden Zeiten motiviert. In der agilen Führung, die oft in dynamischen Umgebungen stattfindet, ermöglicht starkes Selbst-Leadership das Vorleben agiler Prinzipien und ist der erste Schritt für die effektive Umsetzung derselben im Team (Sieroux et al., 2020).

“Alle wollen die Welt verändern, aber keiner sich selbst.” – Lew Nikolajewitsch Tolstoi

Selbstreflektion

Die agile Führungskraft geht also als erstes mit einem positiven Verantwortungsgefühl für ihre Arbeit voran. Dies kann nur dann positiv bewertet werden, wenn sich von der Angst vor dem Scheitern gelöst wird.


mehr

Zum Thema Selbstreflektion lässt sich das Responsibility-Process-Modell von Avery (2004) betrachten: Verantwortung für Fehler zu tragen ist nicht angenehm und instinktiv wird gedanklich entweder geleugnet, beschuldigt, gerechtfertigt, aufgegeben oder sich geschämt. Dies ist eine natürliche Abwehrhaltung, resultierend aus einer Sozialisierung, über die Menschen geprägt werden, zunächst nach Schuldigen zu suchen, bevor über eine Lösung nachgedacht wird. Diese Abwehrhaltung erschwert die Problemlösung und lässt eine kollektive Verantwortung scheitern. Von diesem Denken ist auf dem Weg zur agilen Arbeitsweise abzukehren: Fehler oder Probleme sind alltäglich und treten unabsichtlich auf. Selbstreflektion ist notwendig, um auch in unangenehmen Situationen Verantwortung zu behalten und sich derer zu stellen. Ein aufgetretenes Problem ist so leichter zu identifizieren, zu definieren und schneller lösbar. Achtung: Jede*r ist selbst für die Entscheidung, sich selbst reflektieren zu wollen, verantwortlich. Anderen ihr Verhalten damit zu erklären ist eine Form der Beschuldigung, die nach dem Modell vermieden werden soll.

Bei Problemen trägt, auch wenn durch einzelne verursacht, die Verantwortung die Gemeinschaft.

Als Führungskraft ist Feedback von seinen/ihren Mitarbeiter*innen zu erhalten ein sehr gutes Werkzeug, die Wahrnehmung der Leistung oder des Verhaltens der Führungskraft zu erfahren. Hier geht es nicht um eine Verteidigung, oder reine Zustimmung des Feedbacks. Die Wahrnehmung ist zu akzeptieren und für sich zu überdenken und zu prüfen. So kann jede Führungskraft zum einen als gutes Beispiel voran gehen und offen für Feedback sein, als auch eigene Schwächen und Stärken leicht identifizieren (Sieroux et al., 2020).


weniger

Mehr zu Feedback ist unter Kommunikationsprozesse zu finden.

Als agile Führungskraft solltest Du Transparenz und Authentizität wertschätzen und DeinemTeam die Möglichkeit bieten, diese auszuleben. Ansonsten wird ein Team sich nicht auf Mitgestaltung und intrinsische Motivation einlassen wollen (Sieroux et al., 2020). Dies kann schwierig sein, wenn die übergeordnete Ebene der Führungskraft den Raum nicht schafft, damit solche Werte gelebt werden können.

Nun bietet die Führungskraft allerdings erst einmal agile Führungskompetenzen an und möchte so ihr Team zu agiler Arbeitsweise ermächtigen.

Zur Vertiefung dieses Themas empfehlen wir die Literatur der angegebenen Quellen. Ausführliche Quellenangaben finden sich auf der Seite „Materialien und Literatur“.


zurück zur Übersicht


weiter mit Agiles Team

Cookie Consent mit Real Cookie Banner