Reflect & Innovate
Einführung
Verhaltensweisen und Entscheidungen im Rahmen der Interaktion mit unseren Mitmenschen können unterschiedlich nachvollziehbar sein. Viele unserer Handlungen und Entscheidungen können instinktiv sein. Diese Entscheidungen sind nicht unbedingt irrational, doch nutzt das Gehirn seltenst volle Rationalität. Auch instinktive Entscheidungen basieren auf Erinnerungen oder grobem Abschätzen durch alte Beobachtungen, unterliegt aber persönlichen Tendenzen, Erinnerungsfähigkeit und Emotionen (Kahneman, Gilovich & Griffin, 2002). Wie welche Entscheidung getroffen wird, ist sowohl von der Situation, in der die Entscheidung getroffen wird, als auch von der Person, die diese Entscheidung zu treffen hat, abhängig. Daher hilft ein System, wichtige Entscheidungen mit bestmöglichem Abwiegen zu treffen. Besonders im Rahmen von unternehmensstrategischen Entscheidungen ist es wichtig, möglichst rational abzuwägen. Entscheidungen sollten klar durchdacht und auf zukünftigen Erfolg geprüft sein.
Um zu rationalen Entscheidungen zu kommen, möchten wir uns im Folgenden mit einigen Fragen beschäftigen:
- Welche Denksysteme gibt es?
- Was sind ihre Vor- und Nachteile und Anwendungsbereiche?
- Welche Methoden kann ich nutzen/anwenden, um rationales Denken zu fördern?
Eine analytische rationale Methode anwendend, fokussieren wir uns auf den Ansatz des “Critical Thinking”. Mit dem Schwerpunkt aus der Produktentwicklung stammend beschäftigen wir uns mit “Design Thinking” als Methode. Weitere Methoden, wie z.B. “Brainstorming” oder “die 6 Denkhüte von De Bono” stammen aus dem Ansatz des “Creative Thinking”.
Unterschied zum Alltagsdenken
Beispiel
Stellen wir uns eine fiktive Werbekampagne für ein neues Superfood-Getränk vor. Du siehst eine Werbung für ein neues Superfood-Produkt, das verspricht, Dein Immunsystem zu stärken, Deine Energie zu erhöhen und Dein allgemeines Wohlbefinden zu verbessern. Die Werbung zeigt leuchtend farbige Bilder des Getränks in einer kristallklaren Flasche, umgeben von frischen, lebendigen Superfoods wie Beeren, Grünkohl und Granatapfelsamen. Im Hintergrund sind sonnendurchflutete Landschaften. Die Werbung enthält kurze Clips von Menschen verschiedener Altersgruppen, die das Getränk trinken und dann aktiv und glücklich ihr Leben genießen: Ein Vater spielt energiegeladen mit seinen Kindern im Park, eine junge Frau meditiert friedlich auf einem Berggipfel bei Sonnenaufgang. Die Kernbotschaft der Kampagne ist einfach und einprägsam: „Einen Schluck Energie. Jeden Tag.“ Die Werbung zeigt Zahlen und Statistiken, wie „Über 1 Million zufriedene Kunden weltweit“ und präsentiert Bewertungen und Testimonials von echten Nutzern, die von ihren positiven Erfahrungen berichten. Die Kampagne beinhaltet Empfehlungen von anerkannten Ernährungswissenschaftler*innen und Fitnessgurus, die das Getränk loben. Diese Expert*innen erwähnen in kurzen Clips oder Zitaten die wissenschaftlich belegten Vorteile der im Getränk enthaltenen Superfoods.
Die gezeigten Bilder sollen positive Gefühle und Assoziationen hervorrufen, wie Frische, Gesundheit und Energie. Die Szenen sollen Zuschauer*innen emotional ansprechen und den Wunsch wecken, selbst solche positiven Erfahrungen zu machen. Die mehrfache Wiederholung der Kernbotschaft soll sicherstellen, dass sie im Gedächtnis der Verbraucher*innen haften bleibt und ihre täglichen Entscheidungen beeinflusst. Testimonials sollen den Herdentrieb stimulieren und den Eindruck erwecken, dass das Produkt weithin akzeptiert und effektiv ist. Die Aussagen der augenscheinlichen Expert*innen schaffen Vertrauen bei den Verbraucher*innen.
Die Werbeindustrie nutzt bewusst Stereotypisierung, Halo-Effekte, Ankereffekte, Emotionalisierung und weitere psychologische Denkprozesse (Kahnemann, 2012), die beim Menschen im Alltag automatisiert ablaufen, um die Entscheidung, zu ihren Produkten zu greifen, maßgeblich zu beeinflussen.
Um eine informierte Entscheidung bezüglich des Produkts zu treffen, sollten wir uns nicht allein auf automatische kognitive Vorgänge verlassen. Das Erkennen von Fehlinformationen und das Fällen wohlüberlegter Urteile wird gefördert, indem wir unsere Denkprozesse in nachvollziehbare Schritte gliedern und systematisch organisieren. Dies macht den Unterschied zwischen Alltagsdenken und kritischem Denken aus.
“Aber wenn sich Ihre Instinkte als falsch erweisen, Ihre Emotionen verzerrt oder unangemessen sind oder Autoritäten Sie in die Irre führen, wird die Vernunft Sie davor warnen, sich weiterhin auf diese zu verlassen.” (Hitchcock, 1983, S.5)
Definitionen
Der Begriff “Critical Thinking” wird vielfältig und unterschiedlich definiert (Ennis, 2016). Auch für die Begriffe “Creative Thinking” und “Design Thinking” gibt es unterschiedliche Erklärungen. Im Folgenden gehen wir von diesen Begriffsdefinitionen aus:
Critical Thinking
Unter kritischem Denken versteht man die Fähigkeit, Entscheidungen durch rationale und reflektierte Überlegungen zu treffen. Dabei ist es wichtig, den Inhalt aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten, gründlich zu durchdenken und abzuwägen. Ein möglichst großer Informationsstand spielt dabei die entscheidende Rolle (Ennis, 1996).
Creative Thinking
Kreatives Denken bezieht sich auf die mentalen Prozesse, die mit der kreativen Produktion verbunden sind. Es legt den Schwerpunkt auf den Prozess selbst, anstatt auf den oft vagen Begriff „Kreativität“. Dieser Ansatz zielt darauf ab, Kreativität zu entmystifizieren und sie in Beziehung zu anderen Fähigkeiten und externen Einflüssen zu setzen (Webster, 1990).
Design Thinking
Design Thinking ist eine methodische Herangehensweise, die darauf abzielt, Produkte oder Lösungen für menschliche Bedürfnisse zu konzipieren. Durch den Einsatz von Designwerkzeugen wie Empathie, Iteration und Prototyping ermöglicht Design Thinking die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen, die besser auf die Benutzer*innen zugeschnitten sind (Kelley & Kelley, 2013; Brown, 2008)
Zur Vertiefung dieses Themas empfehlen wir die Literatur der angegebenen Quellen. Ausführliche Quellenangaben finden sich auf der Seite „Materialien und Literatur“.